Die vier entscheidenden Senatswahlen der Midterms 2022

US-Wahl 2022

Die Mehrheit im US-Senat steht auf der Kippe: Der Republikanischen Partei fehlt nur ein einziger Sitz, um wieder die Kontrolle über das Oberhaus im Kongress zu übernehmen. Erst mit den Stichwahlen in Georgia im Januar 2021 hatten Jon Ossoff und Raphael Warnock den 49. und 50. Senatssitz für die Demokrat:innen gewinnen können. Ein 50-50-Patt war die Folge.

Seitdem kontrolliert die Partei den Senat mithilfe von Vizepräsidentin Kamala Harris. In ihrer Rolle als Vorsitzende des Senats kann sie bei einem Gleichstand die entscheidende Stimme abgeben und somit den Patt auflösen. Ein republikanischer Sieg bei den Zwischenwahlen könnte diesen Machtverhältnissen jedoch ein Ende setzen.

Aber auch ein umgekehrter Ausgang könnte gravierende Änderungen für den Senat nach sich ziehen. Für den Fall, dass die Demokrat:innen ihre Mehrheit im Senat ausbauen und im Repräsentantenhaus halten können, hat Joe Biden bereits angekündigt, das US-weite Recht auf Abtreibung, das mit dem Dobbs-Urteil aufgehoben wurde, wieder einführen zu wollen.

Notfalls wolle er dafür auch den sogenannten Filibuster weiter einschränken, der eine Mehrheit von 60 Senator:innen voraussetzt, um die Debatte zu einem Gesetz zu beenden und es zur Abstimmung zu bringen. Bisher haben die beiden moderateren Demokrat:innen Kyrsten Sinema und Joe Manchin Filibuster-Ausnahmen verhindert.

Pennsylvania: Mehmet Oz REP  gegen John Fetterman DEM 

Wohl am stärksten wirbt John Fetterman damit, die 51. Stimme der demokratischen Senatsfraktion zu werden. So hat der Vizegouverneur Pennsylvanias dieses Ziel nicht nur in sein Twitter-Profil aufgenommen, sondern auch immer wieder bei Wahlkampfveranstaltungen bekundet. So auch Ende Oktober bei einem Event zur Wähler:innenmobilisierung in Philadelphia, wo er dafür warb, den Filibuster komplett aufzuheben. Damit solle der Weg für demokratische Prioritäten wie der Erhöhung des Mindestlohns frei gemacht werden.

Pennsylvania gilt als beste Gelegenheit für die Demokrat:innen einen Senatssitz hinzuzugewinnen, nachdem der bisherige republikanische Amtsinhaber Pat Toomey sich dagegen entschieden hat, erneut anzutreten. In den letzten Wahlkampfwochen hat der republikanische Nominierte Mehmet Oz allerdings stark aufgeholt und liegt im Umfrageschnitt jetzt weniger als einen Prozentpunkt hinter Fetterman.

Zu den Umfragen der Senatswahl 2022 in Pennsylvania

Fetterman erlitt kurz vor den Vorwahlen im Mai einen Schlaganfall. Zwar attestierte ihm sein Arzt im Oktober, er „hat keine Arbeitsrestriktionen und kann vollumfänglich im öffentlichen Amt arbeiten.“ Allerdings zeigte der Demokrat Ende Oktober bei der einzigen TV-Debatte mit Mehmet Oz, dass er noch Schwierigkeiten hatte, sich so zu artikulieren, wie vor seinem Schlaganfall. Fettermans Gesundheitszustand könnte für unentschlossene Wähler:innen eine Rolle dabei spielen, ob sie dem Vizegouverneur ihre Stimme geben.

Doch auch Oz's Kampagne ist nicht frei von Problemen. Nach einer schwierigen Vorwahl war er unter anderem Vorwürfen ausgesetzt, er würde nur aus Opportunismus in Pennsylvania kandidieren. So hat der Republikaner die vergangenen 20 Jahre im benachbarten New Jersey gelebt und hat nach eigenen Angaben seinen Wohnsitz erst Ende 2020 nach Pennsylvania verlegt.

Wie wichtig das Rennen für beide Parteien geworden ist, zeigt unter anderem die Präsenz der letzten drei US-Präsidenten im Keystone State. Sowohl Barack Obama und Joe Biden auf Seiten der Demokrat:innen als auch Donald Trump für die Republikanische Partei machten Wahlkampf für Fetterman, Oz und weitere Kandidat:innen.

Georgia: Raphael Warnock DEM  gegen Herschel Walker REP 

Ähnlich umkämpft wie die Senatswahl in Pennsylvania ist die Wiederwahlkampagne von Raphael Warnock, der erst 2021 in den Senat gewählt wurde, um die Amtszeit von Johnny Isakson zu Ende zu führen, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Warnock gewann die entscheidende Stichwahl mit 51 Prozent der Stimmen.

Bei der Wahl für seine erste volle Amtszeit sieht es für Warnock diesmal ähnlich knapp aus. Aktuell liegt der Demokrat im Umfrageschnitt 0,63 Prozent vor seinem republikanischen Herausforderer, dem ehemaligen NFL-Spieler Herschel Walker.

Zu den Umfragen der Senatswahl 2022 in Georgia

Zuletzt war Walker, der sich mit Donald Trumps Unterstützung ohne große Probleme die Nominierung seiner Republikanischen Partei sichern konnte, mit Vorwürfen konfrontiert, für die Abtreibung einer Frau bezahlt und eine weitere zu einer Abtreibung gedrängt zu haben. Walker hat beide Anschuldigungen zurückgewiesen. Der Republikaner ist Abtreibungsgegner und hat sich gegen jegliche Ausnahmen wie Vergewaltigungs- oder Inzestfälle ausgesprochen.

Walkers Umfragewerte wurden von diesen Anschuldigungen scheinbar kaum beeinträchtigt. Das zeigt, welche Kraft die Republikanische Partei weiterhin im Südstaat hat, obwohl Joe Biden dort vor zwei Jahren Siegreich war und der Staat sich immer mehr zu einem Wechselstaat entwickelt.

Arizona: Mark Kelly DEM  gegen Blake Masters REP 

Ein ähnliches Szenario zeichnet sich in Arizona ab. Der Grenzsstaat zu Mexiko war bereits 2020 ein Wechselstaat, der mit nur knapp 10.000 Stimmen Vorsprung an Joe Biden ging. Auch dieses Jahr sieht es so aus, als würde Arizona wieder zum entscheidenden Staat werden.

Dort tritt der demokratische US-Senator und frühere Astronaut Mark Kelly zwei Jahre nach seinem Nachwahlsieg zu seiner ersten vollständigen Amtszeit an. Ihm gegenüber steht der republikanische Venture Capitalist Blake Masters. Kelly verfügte den Großteil des Wahlkampfs über einen stabilen Vorsprung von mehr als fünf Prozentpunkten. Seit Ende Oktober hat Masters jedoch aufgeholt und den Rückstand auf Kelly auf rund zwei Prozent verringert.

Zu den Umfragen der Senatswahl 2022 in Arizona

Kelly musste sich keiner innerparteilichen Konkurrenz stellen, ganz im Gegensatz zu Masters, der bei den Vorwahlen mit Jim Lamon und Mark Brnovich zwei starke Gegenkandidaten hatte. Auch finanziell war Kelly bisher bestens positioniert. Bis Ende Oktober hatte er mehr als 80 Millionen US-Dollar als Spenden und weiteren Zuwendungen erhalten, während Masters lediglich 12 Millionen verbuchen konnte.

Masters‘ Spendenrückstand war auch dem Umstand geschuldet, dass Kelly bereits seit seiner gewonnen Nachwahl 2020 damit begonnen hatte, neue Spenden einzuwerben. Zudem wurde die Kampagne des Republikaners von Interessengruppen wie dem Tech-Milliardär Peter Thiel und zuletzt auch dem Club for Growth mit mehreren Millionen unterstützt.

Kelly versuchte sich in seinem Wahlkampf als Senator zu geben, der auch mit Republikaner:innen zusammenarbeiten kann. Insbesondere bei der Grenzsicherung baute er Distanz zum Weißen Haus auf, allerdings legte Masters zuletzt einen verstärkten Fokus auf das Thema, das vor allem für republikanische Wähler:innen wichtig ist.

Nevada: Catherine Cortez Masto DEM  gegen Adam Laxalt REP 

Nordwestlich von Arizona liegt mit Nevada ein weiterer Staat, bei dem in diesem Jahr die Senatswahl äußerst knapp ausgehen dürfte. Momentan liegt der frühere Generalstaatsanwalt des Staates, Adam Laxalt, im Umfrageschnitt etwas mehr als ein Prozent vor der demokratischen US-Senatorin Catherine Cortez Masto. Die Demokratin wurde vor sechs Jahren erstmals in den US-Senat gewählt und war damit die erste Latina im Oberhaus des Kongresses.

Zu den Umfragen der Senatswahl 2022 in Nevada

Seit Ende September liegt Laxalt im Umfrageschnitt nahezu durchgehend vor seiner Konkurrentin. Dafür mitverantwortlich dürfte die wirtschaftliche Lage in Nevada sein. In einer Umfrage des Emerson College, die Ende Oktober durchgeführt wurde, gaben 46 Prozent der Befragten an, dass die Wirtschaft für sie das wichtigste Thema ist. Das deckt sich mit einer früheren Umfrage von Univision, die befand, dass für 55 Prozent der Befragten Inflation und Lebenshaltungskosten das wichtigste Thema ist, mit dem sich die Regierung befassen solle.

Cortez Masto wiederum setzt auf den letzten Metern ausgerechnet auf Familienmitglieder ihres Kontrahenten. 14 von Laxalts Verwandten sprachen sich Mitte Oktober in einem Brief für Cortez Masto und nicht Laxalt aus. Als Reaktion machten 22 weitere Mitglieder der Laxalt-Familie ihre Unterstützung für den Republikaner öffentlich. Einem Bericht von NBC News zufolge hatte die Cortez-Masto-Kampagne am Sonntag in sieben von Nevadas größten Zeitungen Anzeigen gebucht und darin den Unterstützungsbrief von Laxalts Familie abgedruckt. Ob das einen Einfluss auf das Ergebnis dieses knappen Rennens haben wird, bleibt abzuwarten.

Unsicherheit in weiteren Bundesstaaten

Auch rund eine Handvoll weiterer Senatssitze könnten noch kippen, wenn die Umfragen beispielsweise die Unterstützung für eine der beiden Parteien systematisch unterschätzen. Dazu gehören insbesondere New Hampshire, Wisconsin, North Carolina und Ohio. In allen vier Staaten liegen die Kandidat:innen der Partei in Führung, die den jeweiligen Sitz aktuell hält.

Im Umfrageschnitt verfügt aber keine:r über einen Vorsprung von mehr als fünf Prozentpunkten. Auch diese Rennen können also am Ende noch eine Rolle darin spielen, wer ab kommendem Januar den Senat kontrolliert.