Birther-Theorie: Kamala Harris mit Zweifeln an ihrer Staatsbürgerschaft konfrontiert

Donald Trumps persönlichen Angriffe auf politische Gegner sind nichts Neues. Bei Kamala Harris befeuert er die Debatte um ihre Staatsbürgerschaft mit einer widerlegten Verschwörungstheorie.

Scharfer Gegenwind: Kamala Harris muss ihre Staatsbürgerschaft rechtfertigen.
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Als erste schwarze und indoamerikanische Vizepräsidentschaftskandidatin sah sich Kamala Harris bereits einigen misogynen und rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. Nun stellen konservative Republikaner ihre US-Staatsbürgerschaft und damit ihre Wählbarkeit in Frage. So auch der erzkonservative Rechtsprofessor John Eastman, der sich unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender bei der „National Organization for Marriage“ gegen die gleichgeschlechtliche Ehe einsetzt. 

In einem öffentlichen Op-Ed im Magazin Newsweek hatte Eastman Harris‘ Wählbarkeit angezweifelt. Seiner Rechtsauffassung nach kann Harris keine US-Staatsbürgerin sein, wenn sich ihre Eltern zum Zeitpunkt der Geburt nur mit temporären Aufenthaltstiteln – etwa einem Studienvisum – in den USA aufhielten. Auch Donald Trump erklärte jüngst bei einer Pressekonferenz: „Ich habe gehört, dass Harris die Anforderungen nicht erfüllt. Das ist eine ernste Frage und ich werde dem nachgehen.“

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Die Rechtslage ist jedoch eindeutig: Laut dem 2. Verfassungsartikel ist jede:r in den USA geborene, über 35-jährige Kandidat:in wählbar. 

Harris ist als Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners 1964 im kalifornischen Oakland geboren und erfüllt somit die Anforderungen. Dass ihre Eltern keine US-Bürger waren, spielt dabei keine Rolle, wie die Jura-Professorin Juliet Sorensen der Associated Press erklärt. 

Obama musste Geburtsurkunde veröffentlichen

Allerdings ist die Diskussion um die Abstammung der schwarzen Vizekandidatin kein Einzelfall. Denn die sogenannte Birther-Theorie existiert schon deutlich länger. Bereits 2008 zirkulierten Ketten-Mails, die anzweifelten, dass der damalige Präsidentschaftskandidat Barack Obama in den USA geboren wurde. Stattdessen soll Obama in Kenia geboren und dann von seiner Mutter nach Hawaii geschmuggelt worden sein, um ihn dort registrieren zu lassen, so die Meinung der Birther. Einige gingen sogar noch weiter: Da Obamas Vater Muslim war, sei auch er selbst Muslim und demzufolge ein Terrorist, der die USA unterwandern wolle.

Barack Obama ist das bekannteste Opfer der Birther-Bewegung.
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Obwohl Obama nach der gewonnenen Präsidentschaftswahl seine US-Geburtsurkunde veröffentlichte, glaubte 2010 rund ein Viertel der Amerikaner, dass er im Ausland geboren sei. Damals war Donald Trump einer der prominentesten Verfechter der Birther-Bewegung. Somit ist es wenig verwunderlich, dass auch Kamala Harris rasch zur Zielscheibe dieser kruden Verschwörungstheorie wurde. 

Die 56-jährige reagierte auf die Anschuldigungen gelassen: „Die Birther werden sich in Lügen verstrickten, während sie von den wirklichen Problemen abzulenken versuchen.“ Sie sei auf die schmutzigen Taktiken gefasst, erzählte sie der Website TheGrio in einem Interview. Auch Bidens Wahlkampfberaterin Symone Sanders bezeichnete die Äußerungen des Präsidenten als „rassistisch und erbärmlich“.

Auch republikanische Politiker betroffen

Trump attackierte in dieser Thematik nicht nur Demokraten, sondern auch Politiker seiner eigenen Partei – wie etwa den republikanischen Senator Ted Cruz. Dieser war 2016 Trumps Rivale bei den parteiinternen Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl. Cruz wurde zwar in Kanada geboren, seine Mutter ist jedoch US-Amerikanerin, was ihn automatisch zu einem US-Staatsbürger macht. Trump bezeichnete Cruz als „totalen Heuchler, der bis vor Kurzem Kanadier war“.

Aber auch vor Trump sahen sich hochrangige Republikaner mit dem Vorwurf konfrontiert, keine „natural born citizen“ zu sein und damit nicht die Anforderungen für die Präsidentschaft zu erfüllen. Das betraf beispielsweise George W. Romney und John McCain. Letzterer kam auf einem Militärstützpunkt in Panama zur Welt, wurde 2008 aber vom US-Senat offiziell als US-Bürger anerkannt.

John McCain (links) und Mitt Romney, Sohn von George Romney, bei einer Wahlkampfveranstaltung.
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Die Anschuldigungen der Birther mögen größtenteils haltlos sein. Doch im Falle von McCain und Romney wurde nie gerichtlich über ihre Wählbarkeit entschieden. Solange die Rechtsprechung ungeklärt bleibt, werden derartige Vorwürfe voraussichtlich anhalten und den Betroffenen Schaden zufügen. Auch im Falle von Kamala Harris fallen solche Angriffe bei der konservativen Wählerschaft auf einen idealen Nährboden, um Misstrauen gegenüber der Afroamerikanerin zu säen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Taktik der Republikaner Früchte trägt.   

Quelle: BBC, CNN, Business Insider