Youngkins Kampf um eine republikanische Mehrheit in Virginia – und einen Pfad zur Präsidentschaft

US-Wahl 2023

Seit seiner erfolgreichen Wahl zum Gouverneur Virginias 2021 hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Glenn Youngkin mit einer Kandidatur für die Präsidentschaft liebäugelt – möglicherweise sogar schon für 2024. Zwar dementiert Youngkin bisher eigene Ambitionen aufs Weiße Haus. Auf die Frage in einer Fox News Sendung, ob er eine Präsidentschaftskandidatur ausschließen könne, antwortete Youngkin zuletzt jedoch ausweichend, er sei aktuell komplett auf die Wahlen in Virginia fokussiert. Der mögliche Weg zu einer Präsidentschaftskandidatur – ob 2024 oder 2028 – führt für Youngkin allerdings über einen Sieg seiner Republikanischen Partei bei den Parlamentswahlen in Virginia.

Am Dienstag stehen sowohl der komplette Senat als auch alle Sitze im House of Delegates von Virginia zur Wahl. Vor zwei Jahren konnten die Republikaner nicht nur mit Youngkin an der Spitze den Gouverneursposten sondern auch die Mehrheit im House of Delegates gewinnen. Im Senat halten jedoch die Demokrat:innen seit der letzten Wahl 2019 eine knappe Mehrheit und konnten somit verhindern, dass Youngkin seine Agenda wie ein Abtreibungsverbot ab der 15. Schwangerschaftswoche umsetzt.

Youngkins Ziel für die diesjährigen Parlamentswahlen liegt also darin, seine Partei dabei zu unterstützen, Mehrheiten in beiden Parlamentskammern zu erringen. Welche Aussichten die beiden Parteien haben, ist allerdings nur schwer zu prognostizieren. Einerseits fand 2021 nach dem vorausgegangenen Zensus eine Neueinteilung der Wahlkreise statt. Andererseits gibt es keine aktuellen Umfragewerte.

Um nichts dem Zufall zu überlassen, hat sich Youngkin auf den letzten Metern vor der Wahl sogar eine Lektion aus dem Trump-Lehrbuch zunutze gemacht. Vor wenigen Wochen erhielten zahlreiche Haushalte in Virginia Steuererstattungen zugeschickt, die darauf hinwiesen, dass Youngkin in seiner Rolle als Gouverneur das dafür verantwortliche Gesetz unterzeichnet hatte. 2020 hatte Donald Trump dafür gesorgt, dass die damaligen Corona-Stimuluschecks seinen Namen trugen. Beide Maßnahmen wurden von Seiten der Demokrat:innen als Politisierung von Verwaltungsaufgaben kritisiert.

Sollte es den Republikaner:innen letztendlich gelingen, das House of Delegates zu halten und zwei Senatssitze mehr zu gewinnen als noch 2019, könnte sich Youngkin damit brüsten, einen Bundesstaat für die Republikanische Partei ins Spiel zu bringen, der seit 2008 bei den Präsidentschaftswahlen durchgehen demokratisch gewählt hat.

Handeln oder warten

Gleichzeitig stellt sich dann die Frage, ob Youngkin das Risiko eingeht, mit so großer Verspätung in die aktuelle republikanische Präsidentschaftsvorwahl einzusteigen. So hat der frühere Unternehmer zwar die finanziellen Mittel, seinen Wahlkampfstart zu großen Teilen selbst zu finanzieren. Gleichzeitig fehlt Youngkin allerdings die politische Infrastruktur, um in den ersten Vorwahlstaaten bestehen zu können. Zudem ist die Anmeldefrist für die wichtige Vorwahl in New Hampshire bereits verstrichen.

Eine naheliegendere Strategie orientiert sich hingegen an Michael Bloombergs Kandidatur für die demokratische Nominierung 2020. Wie Bloomberg damals könnte auch Youngkin die ersten Vorwahlstaaten ignorieren und sich komplett auf den Super Tuesday am 5. März konzentrieren, bei dem mit 874 Delegierten mehr als ein Drittel der 2.467 Delegierten für den Nominierungsparteitag vergeben werden.

Naheliegender wäre für Youngkin hingegen seine verbleibende Amtszeit zu nutzen, seine Agende auf den Weg zu bringen und sich anschließend auf die Präsidentschaftswahl 2028 vorzubereiten. Da Virginia seinen Gouverneuren keine aufeinanderfolgen Amtszeiten erlaubt, hätte er dazu ab Januar 2026 ausreichend Gelegenheit.