TV-Duell der Vize-Kandidaten: Kamala Harris bietet Mike Pence die Stirn

Bei der TV-Debatte der Vizepräsidentschaftskandidaten zeigten sowohl Mike Pence als auch Kamala Harris, dass sie äußerst fähige Debattierer sind. Trotzdem konnte Kamala Harris über ihre eigentliche Aufgabe, keine Fehler zu machen, hinauswachsen und den amtierenden Vizepräsidenten in die Schranken weisen – das bestätigt auch eine Blitzumfrage des TV-Senders CNN.

Kamala Harris gab sich beim TV-Duell der Vizekandidaten kaum eine Blöße.
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Wie erwartet ging es beim TV-Duell zwischen Kamala Harris und Mike Pence wesentlich gesitteter zu als noch vor einer Woche bei der ersten Präsidentschaftsdebatte von Joe Biden und Donald Trump. Mike Pence und Kamala Harris fielen sich eher selten ins Wort und auch sonst war die Debatte ein respektvoller Schlagabtausch. Trotzdem schenkten sich beiden Kandidaten nichts.

Gegen Ende der Debatte begann Mike Pence jedoch seine Redezeit stark zu überziehen und ließ sich auch von der Moderatorin nicht aufhalten. Zudem beantwortete Pence viele Fragen nicht direkt, sondern wich dem eigentlichen Thema häufig aus. Kamala Harris hingegen warb effektiv für Joe Biden als Präsidenten und sprach die amerikanischen Wähler direkt an – wie es bereits Joe Biden bei der ersten TV-Debatte erfolgreich vormachte. Allerdings entschied sich auch Harris, mehrere Fragen nicht zu beantworten.

Letztendlich war das Auftreten von Mike Pence eine Verteidigung der Trump-Politik in einem rhetorisch makellosen Gewand. Das machte sich besonders am Ende des TV-Duells bemerkbar. Mike Pence vermied es, die sich im Falle einer Wahlniederlage einer friedlichen Machtübergabe zu verpflichten – wie vor ihm schon Donald Trump. Stattdessen wiederholte er die widerlegte Behauptung, dass eine Ausweitung der Briefwahl zu Missbrauch und Betrug führen würde.

Coronavirus

Direkt bei der ersten Frage war Mike Pence unter Zugzwang, die Corona-Politik der Trump-Administration zu verteidigen. Als Leiter der Coronavirus Task Force des Weißen Hauses war er federführend für den Umgang mit der Pandemie verantwortlich und das machte Harris unmissverständlich klar. Auch ein anfängliches Ablenkungsmanöver von Mike Pence, Joe Biden für frühere Plagiate zu kritisieren, ließ Harris völlig unkommentiert und stellte damit direkt klar, dass sie nicht auf die Nebelkerzen des amtierenden Vizepräsidenten eingehen würde.

Besonderen Fokus legte Harris bei ihrer Kritik an Trump und Pence auf die Tatsache, dass die Trump-Regierung bereits am 28. Januar wusste, dass das Virus über die Luft übertragbar und besonders bei älteren Menschen zu einem schweren Krankheitsverlauf führen kann.

Terrorismus

Aber auch Harris geriet zeitweise in die Defensive, als Mike Pence Joe Biden vorwarf, dass die Obama-Administration nicht alles getan habe, um die Menschenrechtsaktivistin Kayla Mueller aus der Gefangenschaft des Islamischen Staats zu befreien. Um seinem Angriff noch mehr Wirkung zu verleihen, hatte die Trump-Kampagne die Eltern von Kayla Mueller als Gäste ins Publikum eingeladen.

Obamacare, Abtreibung und der Supreme Court

Mit der möglichen Bestätigung der Richterin Amy Coney Barrett für den Supreme Court könnte die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten weiter zementiert werden. Bei der Beantwortung der Frage, ob der vakante Supreme-Court-Sitz in einem Wahljahr besetzt werden sollte, folgten Mike Pence und Kamala Harris erwartungsgemäß den politischen Linien ihrer jeweiligen Partei. Pence befürwortet die Besetzung und Kamala Harris verwies auf Abraham Lincoln als Beispiel dafür, dass am Wahltag darüber entschieden werden solle, wer den nächste Richter am Supreme Court benennen soll.

Beim Thema der Fortführung des Gesundheitsgesetzes der Obama-Administration erklärte Mike Pence, die Trump-Administration habe einen Plan, Obamacare zu ersetzen. Donald Trump kündigte diesen vermeintlichen Plan allerdings bereits während seines Präsidentschaftswahlkampfs 2016 an. Seitdem ist jedoch nicht einmal ein Entwurf veröffentlicht worden.

Auf die Frage, wie sich ihre Heimatstaaten verhalten sollten, falls das Recht auf Abtreibung vom Supreme Court aufgehoben würde, wichen beide Kandidaten wiederum aus. Diese Reaktion verdeutlicht, dass in den USA immer noch kein nachhaltiger Diskurs zu dieser äußerst wichtigen Frage möglich ist.

Alter der Kandidaten

Ein weiteres Thema, das Harris und Pence wohl lieber übersprungen hätten, war das hohe Alter der beiden Präsidentschaftskandidaten. Joe Biden ist 77 Jahre und Donald Trump 74 Jahre alt. Keiner der Vize-Kandidaten wollte beantworten, ob es Absprachen oder Vorkehrungen für den Fall gibt, dass Biden oder Trump nicht in der Lage wären, die Amtsgeschäfte weiter auszuüben. Die Antwort darauf hätte sicherlich viele Wähler interessiert, aber gleichzeitig die Fragilität der beiden Präsidentschaftskandidaten in den Vordergrund gestellt.

Die vollständige Debatte der Vize-Kandidaten:

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