Electoral College: Wie wird der US-Präsident gewählt?

Kamala Harris bei einer Kundgebung zur vorzeitigen Stimmabgabe in Ohio.
20201102_Electoral College - Wie wird der US-Präsident gewählt

Wahlkollegium statt direkter Abstimmung: In den USA wird der Präsident nicht unmittelbar vom Volk gewählt. Stattdessen bestimmen die Bundesstaaten Wahlleute, die im Wahlkollegium – dem Electoral College – über den Präsidenten abstimmen. Insgesamt gibt es bei der Präsidentschaftswahl 538 Wahlkollegiumsstimmen zu gewinnen – mindestens 270 werden für eine Mehrheit und damit den Sieg benötigt.

Es gewinnt also nicht zwangsläufig der Kandidat mit den meisten Stimmen. 2016 unterlag Hillary Clinton beispielsweise Donald Trump deutlich, obwohl sie insgesamt fast drei Millionen mehr Stimmen erhalten hatte.

Kleine Staaten, große Wirkung

Jeder Staat hat eine feste Anzahl Stimmen im Wahlkollegium, die von der Bevölkerung abhängt. Allerdings erhält jeder Staat mindestens drei Stimmen – unabhängig von der Bevölkerungszahl. So haben beispielsweise Montana, North Dakota, South Dakota und Wyoming zusammen insgesamt 3,2 Millionen Einwohner und verfügen gemeinsam über 12 Stimmen. Das benachbarte Minnesota hingegen hat 5,5 Millionen Einwohner, aber nur 10 Stimmen im Wahlkollegium. Kleine Staaten haben also bei der Präsidentschaftswahl besonders viel Einfluss.

Besonders deutlich wird diese Diskrepanz bei den Staaten mit hohen Bevölkerungszahlen. So hat Kalifornien beispielsweise mehr als 39 Millionen Einwohner und verfügt über 55 Stimmen im Wahlkollegium. Im bevölkerungsreichsten Staat der USA kommen also mehr als 709.000 Einwohner auf eine Wahlkollegiumsstimme – in Wyoming sind es hingegen etwa 195.000.

„Winner takes all“

Darüber hinaus teilen nahezu alle Staaten ihre Stimmen dem dortigen Sieger zu. Das bedeutet, dass der Sieger Kaliforniens auch alle 55 Stimmen des Staates im Wahlkollegium erhält. Die Ausnahme bilden Nebraska und Maine. Dort erhält der Sieger des Staates je zwei Stimmen und die restlichen Stimmen gehen an den jeweiligen Sieger der einzelnen Kongresswahlkreise.

Entsprechend umkämpft sind Wechselstaaten mit einer hohen Stimmenanzahl wie Pennsylvania, Ohio, Michigan und Florida. Dort machen oft wenige hunderttausend Stimmen den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. Diese haben aber maßgeblichen Einfluss auf das Endergebnis im Wahlkollegium.

2016 konnte Donald Trump gleich vier Staaten mit einem extrem knappen Ergebnis für sich entscheiden. So gewann er Michigan mit einem Vorsprung von 10.704 Stimmen, Pennsylvania mit 44.292 Stimmen, Wisconsin mit 22.748 Stimmen und Florida mit 112.911 Stimmen. Dieser Vorsprung von 190.655 Stimmen bescherte ihm 75 Wahlkollegiumsstimmen, die letztendlich die Wahl entschieden haben.

Bei der diesjährigen US-Wahl wird es ähnlich aussehen. So sind neben den Wechselstaaten vorheriger Jahre wie Pennsylvania, Florida und Ohio auch frühere republikanische Hochburgen wie Arizona, Georgia und Texas im Spiel. Besonders das Ergebnis in Texas ist von großer Bedeutung, da der Staat über 38 Stimmen im Wahlkollegium verfügt.

Sollte Joe Biden dort überraschend gewinnen, hat Donald Trump nahezu keine Möglichkeit mehr, die 270 Stimmen zu erreichen. Ebenso gut kann es aber auch in die andere Richtung kippen, falls der amtierende Präsident mehrere der stimmgewaltigen Staaten für sich entscheiden kann.