TV-Duell: Trump verpasst letzte Chance auf „Home Run“

Gesitteter und Fokus auf Inhalte: Die letzte TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl entgleiste diesmal nicht, dürfte aber nur geringen Einfluss auf den Ausgang der US-Wahl haben.

Donald Trump verpasst letzte Chance auf Neustart des Wahlkampfs.
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Verpasste Chance: Schon im Vorfeld war klar, dass die finale TV-Debatte eine der letzten Möglichkeiten für Donald Trump sein würde, den Kurs des Rennens ums Weiße Haus noch einmal rumzureißen. Anstatt aber seine Vision für eine zweite Amtszeit darzulegen, wiederholte der US-Präsident seine Angriffe auf Bidens Pläne – ob in Bezug auf den „Green New Deal“ oder eine neue Gesundheitsreform – und kritisierte, dass Biden diese nicht schon als Vizepräsident umgesetzt habe.

Beide Kandidaten hatten unweigerlich einen guten Abend, allerdings dürfte die Debatte keine großen Auswirkungen auf das Ergebnis der US-Wahl haben, da bereits mehr als 48 Millionen US-Amerikaner gewählt haben. Im Vergleich zum ersten TV-Duell ging es diesmal vorrangig um Inhalte. Das ist vor allem der Moderatorin Kristen Welker zu verdanken, die die Debatte aktiv lenkte und sowohl Trump als auch Biden mit konkreten Rückfragen in Schach halten konnte. Auch die Unterbrechungen hielten sich in Grenzen. Welker ist damit die heimliche Siegerin des Abends.

Attacken gegen Bidens Sohn laufen ins Leere

In den vergangenen Tagen hatten die Republikaner ihre Korruptionsvorwürfe gegen Hunter Biden, den Sohn des ehemaligen Vizepräsidenten, stark ausgeweitet. Entsprechend war es nur eine Frage der Zeit, bis das Thema auch bei der Debatte zur Sprache kommen sollte. Allerdings war es Joe Biden, der frühzeitig in die Offensive ging und Donald Trump den Besitz eines heimlichen Bankkontos in China – und damit indirekt auch Korruption – vorwarf. Hierüber hatte die New York Times vergangenen Dienstag berichtet.

Obwohl Joe Biden die Möglichkeit hatte, die Interessenkonflikte von Donald Trumps Kindern zu thematisieren, entschied sich der demokratische Präsidentschaftskandidat dazu, die Geschäftsinteressen des Präsidenten im Ausland in den Vordergrund zu stellen.

„Bidencare“ statt „Medicare for all“

Auf die Frage, was geschehe, falls der Supreme Court den „Affordable Care Act“ (Obamacare) für verfassungswidrig erklären sollte, berief sich Donald Trump erneut auf einen Plan, der besser sei als das bestehende Gesundheitsgesetz. Seit seiner Amtsübernahme vor fast vier Jahren hat Donald Trump allerdings nicht einen einzigen Entwurf zur Reform des Gesetzes vorgelegt. Zudem warf Präsident Trump Joe Biden vor, eine Vergesellschaftung des Gesundheitswesens anzustreben.

Joe Biden hingegen berief sich auf seinen Plan für „Bidencare“, den er bereits im Verlauf der Vorwahlen 2019 als Erweiterung von Obamacare vorgestellt hatte. So will Joe Biden das bestehende Gesundheitsgesetz um eine sogenannte „public option“ ergänzen. Dadurch würde eine öffentliche Krankenkasse entstehen, die mit den privaten Anbietern am Markt konkurriert.

Dies war schon für das Gesundheitsgesetz der Obama-Administration vorgesehen, wurde allerdings fallen gelassen, nachdem der Senator Joe Lieberman aus Connecticut damit drohte, die Abstimmung über das Gesetz zu blockieren.

Biden kündigt Ende der Ölindustrie an

Zum Ende der Debatte brachte die Moderatorin noch einmal den Klimawandel zur Sprache. Während Donald Trump Solaranlagen als zu schwach und Windkrafträder für gefährlich darstellte, positionierte sich sein Gegenkandidat klar: Joe Biden stufte den Klimawandel nicht nur als „existenzielle Gefahr für die Menschheit“ ein, sondern bekräftigte auch sein Bestreben, nach einem Wahlsieg erneut dem Pariser Klimaabkommen beizutreten.

Darüber hinaus erklärte Biden, dass er dafür sorgen will, dass die Vereinigten Staaten bis 2050 CO2-neutral sein werden. Auf dem Weg dahin sei auch das Ende der Ölindustrie ein unausweichlicher Schritt. Deswegen plane Biden auch die Abschaffung der Fördermittel für die Ölindustrie.

Donald Trump wirkte sichtlich überrascht durch dieses klare Bekenntnis gegen diesen momentan noch sehr großen Wirtschaftszweig der USA. Es ist davon auszugehen, dass die Republikaner Bidens Aussagen unter anderem in Werbespots gegen ihn verwenden werden – insbesondere in Texas, Ohio und Pennsylvania, wo viele Öl- und Gasförderunternehmen angesiedelt sind.

Die komplette TV-Debatte:

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