Joe Biden hat bereits früh in seinem Wahlkampf angekündigt, dass sein Kabinett die Vielfalt der Vereinigten Staaten repräsentieren würde. Somit werden Frauen, Hispanics und schwarze Minister:innen eine zentrale Rolle in Bidens Regierung spielen. Mit der Nominierung von Kamala Harris als Vizepräsidentschaftskandidatin hat er den ersten Schritt bereits gemacht.
Darüber hinaus wird der nächste US-Präsident auch die Interessen der progressiven und moderaten Flügel innerhalb der Demokratischen Partei ausgleichen und für eine angemessene Repräsentation beider Lager sorgen müssen. Für wen sich Joe Biden letztendlich entscheidet, um seine Regierungsämter zu besetzen, hängt auch maßgeblich davon ab, ob im Senat in Zukunft weiterhin eine republikanische Mehrheit vertreten ist. Das könnte progressivere Kandidaten schon im Vorfeld die Nominierung kosten.
Antony Blinken
nominiert
Janet Yellen
nominiert
Alejandro Mayorkas
nominiert
Linda Thomas-Greenfield
nominiert
Die aussichtsreichsten Kandidat:innen
Unter der Trump-Administration hat das Außenministerium stark an Bedeutung verloren. Diplomatische Missionen liefen oft am Ministerium vorbei über Vertraute des Präsidenten wie seinen Schwiegersohn Jared Kushner. Als langjähriger Außenpolitiker hat Biden bereits angekündigt, diesen Trend umkehren zu wollen. Bidens Chef-Diplomat:in wird von Tag eins an alle Hände voll zu tun haben. Zu den ersten außenpolitischen Maßnahmen der Biden-Administration wird neben dem erneuten Beitritt zum Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation auch das Wiederaufleben des Iran-Atomabkommens gehören.
Eine der aussichtsreichsten Kandidatinnen für die Leitung des US-Außenministeriums ist Susan Rice. Die ehemalige Nationale Sicherheitsberaterin und UN-Botschafterin in der Obama-Administration hat weitreichende außenpolitische Erfahrungen. Falls die Republikaner ihre Senatsmehrheit behalten, könnte Rice allerdings ihre Rolle beim Benghazi-Anschlag zum Verhängnis werden. Damals kam der US-Botschafter in Libyen Christopher Stevens ums Leben.
Weitere Kandidaten sind der außenpolitische Berater der Biden-Kampagne, Antony Blinken, sowie die beiden Senatoren Chris Coons aus Bidens Heimatstaat Delaware und Chris Murphy aus Connecticut. Beide Senatoren sind Mitglieder im Auswärtigen Ausschuss des US-Senats.
Nominiert
Antony Blinken
Susan Rice
Chris Coons
Chris Murphy
Joe Bidens Wahl für die Leitung des Verteidigungsministeriums wird sich unter anderem mit den Truppenabzügen aus Afghanistan und Europa befassen müssen. Zudem steht eine Neuausrichtung der US-amerikanischen Rolle innerhalb der NATO auf dem Programm.
Der Posten als Pentagon-Chefin könnte Michele Flournoy, der ehemaligen Staatssekretärin im Verteidigungsministerium in der Obama-Administration, zufallen. Sie wäre die erste Frau, die dieses Amt bekleidet. Auch die beiden Senator:innen Tammy Duckworth aus Illinois und Jack Reed aus Rhode Island sind im Rennen um den Posten.
Michele Flournoy
Tammy Duckworth
Jack Reed
Joe Bidens Finanzministerium wird sich vom ersten Tag an damit befassen müssen, ein weiteres Hilfspaket vorzubereiten. An diesem Posten wird sich zudem zeigen, wie progressiv Bidens Kabinett wirklich sein wird.
Vor der Wahl war die progressive Senatorin Elizabeth Warren als aussichtsreiche Kandidatin gehandelt worden. Sollte der US-Senat jedoch in republikanischer Hand bleiben, könnte Warren Schwierigkeiten haben, bestätigt zu werden. Eine weitere Hürde wäre Warrens Nachfolge im Senat, die in Massachusetts für die Zeit bis zu einer Nachwahl vom Gouverneur bestimmt wird – dieser ist jedoch Republikaner. Ein demokratischer Versuch, diese Regelung zu ändern, könnte für Warren allerdings zu spät kommen.
Auch wenn die Wahl nicht auf Warren fallen sollte, könnte Biden erstmals eine Frau für die Leitung des Finanzministeriums nominieren. Gute Chancen können sich nämlich auch die gebürtige Hamburgerin Lael Brainard, die aktuell im Aufsichtsrat der US-Notenbank sitzt, sowie die ehemalige Vizefinanzministerin Sarah Bloom Raskin ausrechnen. Raskin gilt unter progressiven Demokraten als mögliche Alternative zu Warren. Ein weiterer möglicher Kandidat ist der ehemalige Vizepräsident der US-Notenbank Roger Ferguson.
Nominiert
Janet Yellen
Elizabeth Warren
Lael Brainard
Sarah Bloom Raskin
Nachdem unter Donald Trump die Unabhängigkeit des US-Justizministeriums maßgeblich aufgeweicht wurde, wird es an Bidens Generalbundesanwalts-Kandidat:in liegen, den politischen Einfluss auf das Ministerium wieder zu reduzieren. Darüber hinaus wird das Justizministerium zudem dafür verantwortlich sein, Bidens angestrebte Justizreformen umzusetzen.
Besonders gute Chancen hat der in diesem Jahr abgewählte US-Senator aus Alabama, Doug Jones. Der früherer Generalstaatsanwalt Alabamas hat allerdings mit Sally Yates eine ernstzunehmende Konkurrentin. Die frühere kommissarische Generalbundesanwältin hatte in demokratischen Kreisen stark an Popularität gewonnen, nachdem sie ihre Staatsanwälte Anfang 2017 anwies, Trumps Einreiseverbot aus muslimischen Ländern nicht vor Gericht zu verteidigen. Donald Trump entließ Yates daraufhin.
Zudem sind mit dem Generalstaatsanwalt Kaliforniens Xavier Becerra und dem Vorsitzenden der Demokratischen Partei Tom Perez zwei Latinos im Rennen.
Doug Jones
Sally Yates
Xavier Becerra
Tom Perez
Das Gesundheitsministerium wird in Joe Bidens Regierung einen besonders hohen Stellenwert einnehmen. So wird es Dreh- und Angelpunkt der Coronavirus-Bekämpfung sein. Darüber hinaus will Biden eine Ausweitung des „Affordable Care Act“ durchsetzen.
Mögliche Kandidat:innen für die Leitung des Gesundheitsministeriums sind der frühere Leiter des US-Gesundheitsdienstes Vivek Murthy, der aktuell Teil von Joe Bidens Coronavirus-Beratungsgremium ist, die Gesundheitsministerin North Carolinas Mandy Cohen sowie die Gouverneurin und frühere Gesundheitsministerin New Mexicos Michelle Lujan Grisham.
Vivek Murthy
Michelle Lujan Grisham
Mandy Cohen
Das Heimatschutzministerium hat unter Donald Trump eine Neuausrichtung erlebt – weg von der Terrorismusbekämpfung, hin zur Eindämmung illegaler Zuwanderung. Mit einer Nominierung können aktuell die Kongressabgeordnete und frühere Polizeichefin Orlandos, Val Demings, der ehemalige Vizeheimatschutzminister Alejandro Mayorkas sowie der Generalstaatsanwalt Kaliforniens Xavier Becerra rechnen.
Nominiert
Alejandro Mayorkas
Val Demings
Xavier Becerra
Das Arbeitsministerium ist eine weitere gute Möglichkeit für Joe Biden, den progressiven Flügel der Demokratischen Partei mit einem einflussreichen Posten an seiner Regierung zu beteiligen. Gute Chancen auf die Nominierung haben unter anderem Kaliforniens Arbeitsministerin Julie Su sowie Sara Nelson, Vorsitzende der Flugbegleiter:innen-Gewerkschaft.
Auch Bidens Vorwahlkonkurrent Bernie Sanders hat bereits öffentlich erkärt, für eine Nominierung als Arbeitsminister offen zu sein. Der US-Senator aus Vermont hat zwar wie Elizabeth Warren das Problem, dass sein Heimatstaat von einem republikanischen Gouverneur regiert wird. Dieser hat allerdings bereits angekündigt, eine Person berufen zu wollen, die ebenso wie Sanders linksgerichtet und unabhängig ist. Eine weitere Option hat Biden mit Tom Perez, der bereits Arbeitsminister in der Obama-Administration war.
Julie Su
Sara Nelson
Bernie Sanders
Tom Perez
Die Ständige Vertretung der Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen wird für Joe Biden neben dem Außenministerium einer der entscheidenden Hebel sein, um die USA wieder als multilateralen Akteur auf der Weltbühne zu positionieren.
Besonders hoch wird Bidens ehemaliger Vorwahlkonkurrent Pete Buttigieg für diesen Posten gehandelt. Der ehemalige Bürgermeister von South Bend, Indiana studierte mit dem Rhodes-Stipendium an der Universität Oxford und spricht acht Sprachen. Allerdings könnte Kamala Harris versuchen zu verhindern, dass ihr möglicher Rivale um die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten 2024 als UN-Botschafter wertvolle außenpolitische Erfahrungen sammelt.
Weitere Kandidatinnen für den Posten sind die frühere Vize-Unterstaatssekretärin für afrikanische Angelegenheiten im Außenministerium Linda Thomas-Greenfield sowie Wendy Sherman, die die Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran geführt hat.
Nominiert
Linda Thomas-Greenfield
Wendy Sherman
Pete Buttigieg
Joe Biden hat bereits während seines Wahlkampfs angekündigt, eine:n Lehrer:in an die Spitze des Bildungsministeriums setzen zu wollen. Das Bildungsministerium in Joe Bidens Administration wird sich neben der Planung eines sicheren Übergangs von „Remote Learning“ zu Präsenzunterricht auch damit befassen müssen, viele der Maßnahmen der aktuellen Ministerin Betsy DeVos rückgängig zu machen. Zudem plant Joe Biden staatliche Universitäten gebührenfrei zu machen und Studiengebühren zu erlassen.
Besonders gute Aussichten haben vor allem Gewerkschafter:innen wie Lily Eskelsen Garcia und Randi Weingarten. Auch die Kongressabgeordnetes Jahana Hayes, die 2016 zur Lehrerin des Jahres gewählt wurde, ist eine mögliche Kandidatin.
Lily Eskelsen Garcia
Randi Weingarten
Jahana Hayes
Für das Wohnungsbau- und Stadtentwicklungsministerium werden sowohl der ehemalige Bürgermeister von Jacksonville Alvin Brown und die Bürgermeisterin von Atlanta Keisha Lance Bottoms als auch die Kongressabgeordnete Karen Bass diskutiert.
Ein weiterer Name, der häufig mit dem Ministerium in Verbindung gebracht wird ist Pete Buttigieg. Der Posten könnte ihm einen direkten Draht zur schwarzen Wählerschaft geben, die für seine mögliche Präsidentschaftskandidatur in vier Jahren sehr wichtig sein dürfte.
Alvin Brown
Keisha Lance Bottoms
Karen Bass
Pete Buttigieg
Im Rennen um die Nachfolge von Wilbur Ross für die Leitung des Biden-Handelsministeriums liegt Meg Whitman, die Geschäftsführerin des kürzlich gescheiterten Streamingdienstes Quibi, weit vorne. Whitman ist Republikanerin und kandidierte 2010 für den Gouverneursposten Kaliforniens, verlor aber gegen den Demokraten Jerry Brown. Whitmans Nominierung würden Bidens Bemühung unterstreichen, Republikaner in sein Kabinett zu berufen, um die Spaltung im Land abzubauen.
Zudem sind noch Mellody Hobson sowie Terry McAuliffe in der engeren Auswahl. McAuliffe hat allerdings bereits angedeutet, erneut für seinen früheren Job als Gouverneur Virginias kandidieren zu wollen. Auch der Unternehmer und frühere Präsidentschaftskandidat Andrew Yang wird mit dem Handelsministerium in Verbindung gebracht. Yang ist einer der bekanntesten Befürworter für ein bedingungsloses Grundeinkommen in den USA.
Meg Whitman
Mellody Hobson
Terry McAuliffe
Andrew Yang
Ernest Moniz war bereits Energieminister in der Obama-Regierung und wurde damals einstimmig vom Senat bestätigt. Er wäre ein Kontinuitätsfaktor, der sich im Ministerium auskennt und mit den Aufgaben und Herausforderungen vertraut ist. Darüber hinaus werden der ehemaligen Vizeenergieministerin Elizabeth Sherwood-Randall sowie Arun Majumdar, dem ersten Direktor der Agentur für Spitzenforschungsprojekte im Energiebereich, gute Chance ausgerechnet.
Ernest Moniz
Elizabeth Sherwood-Randall
Arun Majumdar
Für die Leitung des Landwirtschaftsministeriums sind aktuell Heidi Heitkamp, die ehemalige Senatorin aus North Dakota, sowie die beiden Kongressabgeordneten Marcia Fudge und Chellie Pingree im Rennen.
Heidi Heitkamp
Marcia Fudge
Chellie Pingree
Ein weiterer Posten, der möglicherweise an Pete Buttigieg gehen könnte, ist die Leitung des Veteranenministeriums. Jedoch bietet es weniger Prestige als die USA bei den Vereinten Nationen zu vertreten. Weitere Kandidaten sind Jason Kander sowie die Senatorin Tammy Duckworth. Es ist jedoch fragwürdig, ob Duckworth, die bereits das Veteranenministerium in Illinois geleitet hat, ihren Senatssitz für diese Position aufgeben würde.
Pete Buttigieg
Tammy Duckworth
Jason Kander
Im Gegensatz zu anderen Ländern ist das Innenministerium nicht für die innere Sicherheit sowie die Polizei zuständig. Stattdessen fällt ihm unter anderem die Kontrolle über das vom Bund verwalteten Land sowie die Nationalparks zu.
Die besten Chancen werden momentan den beiden Senatoren des Staates New Mexico Tom Udall und Martin Heinrich sowie der Kongressabgeordneten Deb Haaland zugesprochen.
Tom Udall
Martin Heinrich
Deb Haaland
Für das Verkehrsministerium kommen für Joe Biden aktuell drei Kandidaten infrage. Neben dem Bürgermeister von Los Angeles Eric Garcetti sowie dem ehemaligen Bürgermeister Chicagos Rahm Emanuel hat auch der Kongressabgeordnete Earl Blumenauer gute Chancen.
Eric Garcetti
Rahm Emanuel
Earl Blumenauer
Unter Donald Trump war das Verhältnis zwischen Weißem Haus und Presse mehr als angespannt und teils sogar feindselig. Joe Bidens Pressesprecher:in wird die Pressebriefings im Weißen Haus neu ausrichten und die Beziehung zur Presse verbessern müssen.
Im Rennen um den Posten sind Kate Bedingfield, die Kommunikationsdirektorin der Biden-Kampagne, sowie Symone Sanders, die ehemalige Pressesprecherin von Bernie Sanders‘ Präsidentschaftswahlkampf 2016 und aktuelle Senior-Beraterin der Biden-Kampagne. Bedingfield wird zudem für den Posten der Kommunikationsdirektorin im Weißen Haus gehandelt – eine Möglichkeit, beide Kandidatinnen im Weißen Haus unterzubringen.
Kate Bedingfield
Symone Sanders
Quellen: Politico, Washington Post, CNN
Meg Whitman
Mellody Hobson
Terry McAuliffe
Andrew Yang
Lily Eskelsen Garcia
Randi Weingarten
Sara Nelson
Jason Kander
Eric Garcetti
Symone Sanders