Kevin McCarthys Wahl zum Sprecher des Repräsentantenhauses auf der Kippe – scheitert in ersten drei Wahlgängen

Kongress

Kevin McCarthy ringt um die nötigen Stimmen, für die Wahl zum Sprecher des Repräsentantenhauses. Trotz einer republikanischen Mehrheit könnten ihm bereits fünf Abgeordnete seiner Partei dieses Ziel zunichte machen.

Mit ihrem Erfolg bei den Zwischenwahlen im vergangenen November konnte die republikanische Fraktion die Kontrolle über das US-Repräsentantenhaus gewinnen. Der vielfach prophezeite „rote Tsunami“ blieb jedoch aus und so müssen sich die Republikaner:innen mit 222 Sitzen begnügen – dieselben knappen Mehrheitsverhältnisse, mit denen die Demokratische Partei zu Beginn der letzten Legislaturperiode zu kämpfen hatte.

Eben diese Mehrheitsverhältnisse stellen den ranghöchsten Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, jedoch vor eine große Herausforderung: Am Tag, an dem das neue Repräsentantenhaus erstmals zusammentritt und er sich zum Sprecher wählen lassen will, ist weiterhin unklar, ob er über die nötige Mehrheit in seiner eigenen Fraktion verfügt. So haben sich mit Andy Biggs aus Arizona, Matt Gaetz aus Florida, Bob Good aus Virginia, Ralph Norman aus South Carolina und Matt Rosendale aus Montana bisher fünf republikanische Abgeordnete offen gegen McCarthys Wahl zum Sprecher ausgesprochen – und dazu verpflichtet, nur geschlossen abzustimmen. Weitere könnten ihrem Beispiel folgen.

Die Sprecher:innenwahl ist der allererste Programmpunkt der neuen Legislaturperiode, noch bevor die Abgeordneten vereidigt werden. Sollte McCarthy im ersten Wahlgang scheitern, kann das Repräsentantenhaus solange nicht die Arbeit aufnehmen, bis ein:e Sprecher:in gewählt ist. Der Sprecher:innenposten, den zuletzt die Demokratin Nancy Pelosi inne hatte, hat weitreichende Kompetenzen und bestimmt etwa die Agenda des Repräsentantenhauses.

Aktuell ist damit zu rechnen, dass McCarthy 218 Stimmen benötigt, da voraussichtlich alle Demokrat:innen für den designierten Minderheitsführer Hakeem Jeffries stimmen werden. Die fünf erzkonservativen Abgeordneten könnten also im Alleingang McCarthys Träume vom Sprecherposten zunichte machen, wenn sie für eine andere Person stimmen. Der Republikaner aus Kalifornien würde dann im ersten Wahlgang scheitern – etwas das es seit 1923 nicht mehrgegeben gegeben hat. Damals waren neun Wahlgänge notwendig, bevor Frederick Gillett zum Sprecher gewählt wurde.

Weitere Wahlgänge wären auch diesmal wieder die Folge. Es ist jedoch offen, ob diese direkt im Anschluss im Plenum durchgeführt werden oder sich die republikanische Fraktion zu Beratungen zurückziehen würde. McCarthy benötigt zudem nicht zwangsläufig 218 Stimmen. Die künftigen Abgeordneten können der Abstimmung auch fernbleiben oder mit „Anwesend“ stimmen – dann würde sich die Zahl der benötigten Mehrheit entsprechend reduzieren.

Eine weitere Option wäre ein:e Alternativkandidat:in. Bisher ist aber völlig unklar, wer eine für alle Gruppierungen innerhalb der republikanischen Fraktion tragbare Person wäre, falls McCarthy sich nicht durchsetzen kann und ob McCarthy nachgeben würde.

In der Hoffnung, die potenziellen Abweichler:innen doch noch zu überzeugen, hat McCarthy bereits mehrere Zugeständnisse an den rechten Flügel seiner Fraktion gemacht. So ließ er sich unter anderem darauf ein, es Abgeordneten zu erleichtern, ihn des Amtes zu entheben. In der vorletzten Legislaturperiode hatten die Demokrat:innen dieses Privileg an die Fraktionen übertragen. Zuvor konnte jede:r Abgeordnete die Absetzung direkt zur Abstimmung bringen. Bisher lassen McCarthys Kompromissbemühungen allerdings keinen Erfolg erkennen. Wie Politico berichtet, haben die McCarthy-Gegner:innen schlicht kein Vertrauen in den bisherigen Fraktionschef.

Die Sprecher:innenwahl wird um 12 Uhr mittags Ortszeit (18 Uhr deutscher Zeit) beginnen und wird unter anderem auf C-SPAN im Livestream übertragen.

Update 1 (03.01.2023, 20:15 CET):
Kevin McCarthy verliert den ersten Wahlgang der Sprecher:innenwahl und erhält lediglich 203 Stimmen. Hakeem Jeffries erreicht 212 Stimmen. 19 Republikaner:innen stimmen für andere Personen als den Republikaner McCarthy.

Nach der Auszählung begann direkt ein zweiter Wahlgang. Neben McCarthy und Jeffries wurde der Republikaner Jim Jordan aus Ohio nominiert, der zuvor McCarthys Nominierungsrede gehalten hatte.

Update 2 (22:10 CET):
Auch im zweiten Wahlgang kann sich McCarthy nicht durchsetzen. An den Mehrheitsverhältnissen hat sich nichts geändert. Allerdings konsolidierten sich die 19 Anti-McCarthy-Stimmen hinter dem Republikaner Jim Jordan.

Auch beim dritten Wahlgang, der direkt im Anschluss beginnt, deutet sich nicht an, dass McCarthy besser abschneiden wird.

Update 3 (23:35 CET):
Der dritte Wahlgang bringt wie erwartet keine Lösung der festgefahrenen Situation. Der Republikaner Byron Donalds aus Florida änderte als einzige:r seine Stimme. Er wandte sich von McCarthy ab und stimmte stattdessen für Jim Jordan.

Einem Antrag, die Sitzung auf Mittwoch, 12 Uhr Ortszeit (18 Uhr deutscher Zeit) zu vertagen, wurde mit großer Mehrheit zugestimmt.

Quellen: Roll Call, Punchbowl News, Politico, Axios