Demokratische Kampagnen beziehen Positionen in der politischen Mitte

US-Wahl 2022

Nachdem die Republikanische Partei in vielen Zwischenwahlrennen extrem rechte Kandidat:innen nominiert hat, sind mehrere demokratische Kampagnen mit verschiedenen Positionen in die Mitte gerückt – teils jedoch nicht ganz freiwillig.

Mit seiner Aussage zur Qualität der republikanischen Senatskandidat:innen hat der republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell zuletzt unmissverständlich klar gemacht, dass seine Hoffnung, im Januar mit seiner Fraktion die Mehrheit im US-Senat zu stellen, schwinden. Sollte McConnells Ziel im November wirklich scheitern, dürfte das unter anderem auf Donald Trump zurückzuführen sein. So konnten sich zahlreiche vermeintlich schwächere Kandidat:innen vom rechten Rand ihrer Partei mit der Unterstützung des Ex-Präsidenten bei den Vorwahlen durchsetzen.

Senats- und Gouverneurskandidat:innen wie Kari Lake aus Arizona, Ted Budd aus North Carolina und Doug Mastriano aus Pennsylvania haben mit einigen ihrer rechten Positionen Platz in der politischen Mitte gelassen. In diese stoßen ihre demokratischen Konkurrent:innen nun vor.

Covid-Maßnahmen in Pennsylvania

In Pennsylvania hat sich der republikanische Gouverneurskandidat Doug Mastriano vor seiner Nominierung unter anderem mit seinem Widerstand gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen des demokratischen Amtsinhabers Tom Wolf einen Namen gemacht. Mastriano hat seine Corona-Positionen auch zu einem wichtigen Standbein seiner Gouverneurskampagne gemacht und fordert nicht nur das Ende von Masken- und Impfpflichten, sondern auch, dass Covid-19-Medikamente verschrieben werden dürfen, auch wenn sie nicht außerhalb von klinischen Studien zugelassen sind.

Mastrianos demokratischer Konkurrent, der amtierende Generalstaatsanwalt Pennsylvanias Josh Shapiro, hat sich nun auch gegen einige von Wolfs Corona-Maßnahmen gestellt. Damit bricht Shapiro nicht nur mit seiner eigenen Partei, sondern auch seiner Arbeit als Generalstaatsanwalt. In dieser Rolle vertrat er zur Hochzeit der Corona-Pandemie den Staat Pennsylvania vor Gericht und verteidigte die Maßnahmen der Wolf-Regierung. Als Kandidat versucht Shapiro nun, einige Positionen seiner Partei hinter sich zu lassen und bei diesem Politikfeld das Zentrum einzunehmen, das Mastriano zurückgelassen hat.

Grenzschutz und Einwanderung in Arizona

In Arizona versucht die demokratische Gouverneurskandidatin Katie Hobbs mit Hilfe eines neuen TV-Werbeclips ihre Position im Bereich des Grenzschutzes zu stärken. Als Grenzstaat nach Mexiko befindet sich Arizona im Zentrum der Debatte um illegale Einwanderung sowie Donald Trumps jahrelang geforderten Grenzmauer. Bisher ist Hobbs zweigleisig gefahren, indem sie einerseits in den begrenzten Kompetenzen des Gouverneursamtes für mehr Ressourcen für die Strafverfolgungsbehörden wirbt und andererseits eine Lösung auf Bundesebene einfordert.

Zuletzt hatte die Republikanische Gouverneursvereinigung (RGA) die Positionen von Hobbs in einem TV-Spot kritisiert: „Katie Hobbs würde die Situation an der Grenze noch verschlimmern“, hieß es dabei. Der Schwenk von Hobbs‘ Kampagne hin zu einem größeren Fokus auf die finanzielle Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden vor Ort dürfte also nicht ganz freiwillig geschehen sein. Trotzdem könnte es ihr gelingen, mit dem neuen Fokus Wähler:innen zu überzeugen, denen die Pläne ihrer republikanischen Konkurrentin Kari Lake zu extrem sind.

So hatte Lake Anfang des Jahres ihren „Defend Arizona“-Plan angekündigt, mit dem sie illegale Einwanderung sowie die Einfuhr von Drogen nach Arizona verhindern will. Dazu plant Lake, die Kompetenzen der Strafverfolgungsbehörden ebenso wie den Grenzzaun nach Mexiko auszubauen. Wesentlich kontroverser ist allerdings ihr Vorhaben, Kompetenzen im Bereich des Grenzschutzes und der Einwanderung zu übernehmen, die bei der Bundesregierung und den angeschlossenen Behörden liegen. So würde ihre Regierung beispielsweise Personen, die sie für illegal eingewandert halten, eigenmächtig festnehmen und des Landes verweisen.

Polizeifinanzierung in North Carolina

Die Wahl für den offenen Senatssitz in North Carolina ist eine der besten Gelegenheiten der Demokratische Partei im November einen Sitz im US-Senat hinzuzugewinnen und die dortige Pattsituation aufzulösen. Um sich hinsichtlich der Finanzierung der Strafverfolgungsbehörden von progressiven Gruppen innerhalb der Demokratischen Partei zu distanzieren, hat sich die demokratische Senatskandidatin Cheri Beasley im Rahmen einer Pressekonferenz unter anderem für eine bessere finanzielle Ausstattung lokaler Polizeikräfte ausgesprochen und klar gemacht, dass sie „Defund the Police“ – die kontroverse Forderung nach Kürzung von Polizeibudgets – nicht unterstütze. Zudem hat die frühere Richterin am Supreme Court von North Carolina angekündigt, dass sie bereit sei, mit der republikanischen Senatsfraktion zusammenzuarbeiten, um zu ermöglichen, „dass die lokalen Strafverfolgungsbehörden Mittel erhalten, um Beamte in Deeskalationstaktiken, Alternativen zur Gewaltanwendung und in der Reaktion auf verhaltensbedingte Krisen zu schulen.“

Beasleys republikanischer Gegenkandidat Ted Budd wiederum wirbt mit der Unterstützung mehrere Polizeiorganisationen wie der North Carolina Troopers Association sowie eigenen Gesetzentwürfen wie dem Community Policing Act und dem No Tolerance for Rioters Act, die es jedoch allesamt nicht über den Justizausschuss hinausgeschafft haben.

Zudem kritisierte Beasley den Kongressabgeordneten dafür, dass er gegen mehrere Gesetzesentwürfe gestimmt hat, die mehr finanzielle Unterstützung für Strafverfolgungsbehörden enthielten. Darunter auch ein Corona-Hilfspaket, das Ende Dezember 2020 mit überwältigender Mehrheit den Senat und das Repräsentantenhaus passiert hatte. Budd stimmte als einer von 53 Abgeordneten im Repräsentantenhaus gegen das Gesetz und begründet dies einem Sprecher zufolge mit seiner Opposition gegen Gesetze, die die Schuldenlast des Staates erhöhen.

Schritt ins Zentrum

Dass diese drei demokratischen Kampagnen – ob aus freien Stücken oder notgedrungen – Positionen einzunehmen und in den Vordergrund des Wahlkampfs zu stellen, die sonst eher bei moderaten Republikaner:innen verortet waren, verdeutlicht die Probleme ihrer republikanischer Konkurrent:innen. Diese haben bei den Vorwahlen teils extreme Positionen eingenommen, die es der demokratischen Seite ermöglichen, moderatere und unabhängige Wähler:innen von sich zu überzeugen, indem sie bei entsprechenden Politikfeldern in die Mitte rücken und die Lücke schließen, die von Donald Trumps Wunschkandidat:innen aufgemacht wurden.

Quellen: Associated Press (Pennsylvania), Axios (Arizona), Associated Press (North Carolina)