Das kleine US-Wahljahr 2021 – ein Überblick

Richtungsweisend und brisant: Auch wenn der US-Wahlkalender 2021 wesentlich entspannter ist als das Präsidentschaftswahljahr 2020, birgt er doch viel Spannungspotenzial. So bestimmen nicht nur zahlreiche US-Metropolen neue Bürgermeister:innen – allen voran New York City. Auch finden mehrere Kongressnachwahlen und mindestens zwei Gouverneurswahlen statt. Eine davon und die wohl spannendste könnte die mögliche Rückrufwahl gegen den Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, werden.

Andrew Yang (v.l.) will New Yorks nächster Bürgermeister werden und der Demokrat Gavin Newsom muss in Kalifornien um sein Gouverneursamt bangen.
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Ende März fanden in den USA bereits die ersten beiden Kongressnachwahlen statt. In Louisiana gewann die republikanische Kandidatin Julia Letlow deutlich den Wahlkreis ihres verstorbenen Mannes und der demokratisch geprägte 2. Kongresswahlkreis des Staates geht in eine entscheidende Stichwahl. Die meisten Nachwahlen werden dieses Jahr in Parteihochburgen ausgetragen – und damit als Wettstreit der verschiedenen Parteilager.

Bei der Nachwahl zum 6. Kongresswahlkreis in Texas am 1. Mai sieht das jedoch anders aus. Der Wahlkreis schließt Vororte der Städte Fort Worth und Dallas ein und hat in den vergangenen Jahren zunehmend demokratischer gewählt. 2020 gewann der im Februar verstorbene Republikaner Ron Wright dort nur noch mit 52,8 Prozent. Die Demokraten sehen diese Nachwahl als eine der wenigen Optionen, ihre kleine Mehrheit im Repräsentantenhaus dieses Jahr auszubauen. Ein demokratischer Sieg wäre trotzdem eine kleine Überraschung.

Bürgermeisterwahl in New York City

Die wohl spannendste Bürgermeisterwahl findet in diesem Jahr in New York City statt. Denn in der größten US-Metropole trifft ein offenes Rennen, ohne kandidierenden Amtsinhaber, auf ein neues Wahlsystem. Da Bürgermeister Bill de Blasio nicht erneut antreten darf, bewirbt sich ein breites Feld von gut zwei Dutzend Kandidat:innen um seine Nachfolge. Möglich macht dies das Rangwahlsystem, das in der Stadt zum ersten Mal zur Anwendung kommt. Ranked Choice Voting beinhaltet eine sofortige Stichwahl, bei der die Stimmen ausgeschiedener Kandidat:innen auf die noch verbleibenden verteilt werden.

Da New York City wie die meisten US-Großstädte fest in demokratischer Hand ist, kommt die demokratische Vorwahl am 22. Juni bereits einer Vorentscheidung gleich. Und obwohl mit Andrew Yang und Eric Adams zwei Kandidaten bisher alle Umfragen angeführt haben, zeigen diese auch ganz klar: Zwischen einem Fünftel und der Hälfte der Vorwähler:innen sind noch völlig unentschieden.

Von New Jersey nach Virginia: die Gouverneurswahlen

In diesem Nebenwahljahr liegt der politische Fokus auf den Gouverneurswahlen in New Jersey und Virginia. Auch wenn beide Staaten eher demokratisch wählen, geben die Wahlen doch einen guten Einblick, wohin sich die Parteien und auch die Gesamtwählerschaft bewegt. Insbesondere der republikanische Parteitag zur Kandidatsnominierung in Virginia wird ein Vorgeschmack auf die Republikanische Partei nach Trump. Kann sich also das populistische oder das traditionelle Lager durchsetzen – und Wahlen gewinnen?

Auf demokratischer Seite stellt die Vorwahl im Südstaat Virginia eine ähnliche Richtungsentscheidung dar. Dort steht der ehemalige Gouverneur des Staates, Terry McAuliffe, mit dem Rückhalt des demokratischen Partei-Establishments mehreren Nachwuchspolitiker:innen gegenüber.

Rückruf im Nebenwahljahr

Seit Mitte 2020 läuft in Kalifornien eine Rückrufpetition gegen den amtierenden Gouverneur Gavin Newsom, die seit dem Jahreswechsel stark an Fahrt aufgenommen hat. Im vergangenen Jahr galt die Unterschriftensammlung in der demokratischen Hochburg noch als aussichtsloses Unterfangen. Newsoms Pandemiepolitik zog jedoch zunehmende Kritik auf sich und zudem ignorierte der Gouverneur auf einer Dinner Party seine eigenen Covid-19-Empfehlungen. Beides gab dem Amtsenthebungsvorhaben genug Schwung, dass die Petition aktuell etwa 80 Prozent der 1.495.709 benötigten Unterschriften erreicht hat. Zwar ist die Abgabefrist bereits im März abgelaufen, allerdings müssen noch 740.329 Unterschriften verifiziert werden.

Unterschriftensammlung für die Rückrufpetition des Kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom.
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Auf den letzten Metern investierten die Republikaner noch 250.000 US-Dollar in die Kampagne gegen Newsom. Sie erhoffen sich, den Gouverneur so einfacher besiegen zu können, als es bei der nächsten regulären Wahl im kommenden Jahr der Fall wäre. Denn bei einer Rückrufwahl finden gleichzeitig zwei ineinandergreifende Wahlen statt: Newsom müsste versuchen sein Amt zu verteidigen, während alle anderen Kandidat:innen einen separaten Wahlkampf führen – eine unberechenbare Kombination.

Bestes Beispiel dafür ist die letzte erfolgreiche Rückrufwahl im Ostküstenstaat, die Arnold Schwarzenegger 2003 als Republikaner für sich entscheiden konnte. Schon jetzt machen sich erste Kandidat:innen bereit für einen möglichen Wahlkampf. Darunter etwa der republikanische Ex-Bürgermeister von San Diego, Kevin Faulconer, und Reality-TV-Star Caitlyn Jenner.