Stichwahlen in Georgia entscheiden über Senatsmehrheit – und Bidens Agenda

In Georgia werden die Stichwahlen zwischen Jon Ossoff und David Perdue sowie Raphael Warnock und Kelly Loeffler darüber entscheiden, welche Partei im kommenden Jahr die Kontrolle über den Senat hat. Eine entscheidende Rolle wird die Wahlbeteiligung spielen, denn bei vergangenen Stichwahlen blieben die Demokraten meist hinter den Erwartungen zurück.

Raphael Warnock will Kelly Loeffler als Georgias Senator in Washington ablösen.
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Bild: Raphael Warnock, „GH_8073 “.

Das Rennen um den Senat bei der US-Wahl am 3. November lief für die Demokraten weit weniger erfolgreich als gewünscht. Für eine Mehrheit im Oberhaus des US-Kongress hätten sie mindestens vier zusätzliche Sitze gewinnen müssen. Bisher haben sie aber nur zwei Sitze hinzugewonnen und einen verloren. Auch die beiden zuletzt noch verbliebenen Rennen in North Carolina und Alaska brachten den Demokraten keinen weiteren Sieg – beide gingen an die republikanischen Kandidaten.

Die Kontrolle über den US-Senat hängt nun von den beiden Stichwahlen in Georgia ab. Sollten die demokratischen Kandidaten Jon Ossoff und Raphael Warnock am 5. Januar siegreich sein, kommt die demokratische Fraktion im Senat auf 50 Sitze. Das würde zwar Stimmgleichheit mit den Republikanern bedeuten, allerdings kann Kamala Harris dann als Vizepräsidentin den Patt mit ihrer Stimme zugunsten einer demokratische Mehrheit auflösen.

Schwieriges Terrain in Georgia

Soweit müssen es die Demokraten aber erst einmal schaffen: Georgia ist fest in der Hand der Republikaner. Alle Georgia-weiten Ämter sind von Republikanern besetzt und der letzte Demokrat, der eine Senatswahl in dem Südstaat gewinnen konnte, war der ehemalige Gouverneur Zell Miller – im Jahr 2000. Allerdings spielt der demographische Wandel im „Peach State“ den Demokraten zunehmend in die Hände. Das machte sich schon bei der diesjährigen Wahl bemerkbar.

Ein entscheidender Vorteil der demokratischen Kandidaten dürfte die ehemalige Kandidatin für den Gouverneursposten in Georgia, Stacey Abrams, sein. Sie unterlag 2018 mit etwa 80.000 Stimmen ihrem republikanischen Kontrahenten – in einem Rennen, dass von Unregelmäßigkeiten und Wählerunterdrückung überschattet wurde.

Nach ihrer Niederlage gründete Abrams die Wahlrechtsorganisation „Fair Fight“, deren Ziel es ist, Wahlberechtigten dabei zu helfen, sich zu registrieren. Zusammen mit weiteren Gruppen gelang es ihr, innerhalb von zwei Jahren mehr als 800.000 neue Wähler:innen zu registrieren. Davon profitieren insbesondere schwarze Wahlberechtigte in den urbanen Zentren des Staates wie Atlanta. Sie trugen bei der Präsidentschaftswahl entscheidend dazu bei, dass Joe Biden in Georgia aktuell mit etwa 14.000 Stimmen in Führung liegt und gute Chancen hat, den Staat als erster demokratischer Präsidentschaftskandidat seit 1992 zu gewinnen.

Eine Frage der Wahlbeteiligung

Nun muss Abrams aber alles daransetzen, möglichst viele Wähler:innen für die Stichwahlen am 5. Januar zu mobilisieren. Am Montag gab sie bekannt, dass sie seit der Wahl 6 Millionen US-Dollar für den Stichwahlkampf der Demokraten gesammelt hat. Abrams alleiniges Engagement dürfte für einen Sieg allerdings nicht reichen. Auch andere einflussreiche Demokraten sind jetzt gefragt. So hat der ehemalige Präsidentschaftskandidat Andrew Yang beispielsweise angekündigt, nach Georgia ziehen zu wollen, um dort die Wahlkämpfe von Ossoff und Warnock zu unterstützen.

Denn die größte Hürde für einen Sieg der demokratischen Kandidaten ist die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Generell bleibt die Wahlbeteiligung demokratischer Wähler:innen bei Nach- und Stichwahlen in Georgia meist weit hinter der bei einer Präsidentschaftswahl zurück.

So lagen beispielsweise bei der Senatswahl am 4. November 2008 der republikanische Amtsinhaber Saxby Chambliss und sein Herausforderer Jim Martin lediglich 109.704 Stimmen auseinander. Bei der Stichwahl im Dezember konnte Martin allerdings nur knapp die Hälfte seiner Wähler:innen mobilisieren und verlor mit einem Abstand von 318.110 Stimmen.

Heute wie vor zwölf Jahren steht in Georgia die Kontrolle über den US-Senat auf dem Spiel. Mit Chambliss‘ Sieg konnten die Republikaner 2008 ihre Sperrminorität behalten – zumindest bis Arlen Specter 2009 zu den Demokraten überlief. Sollten sie im Januar mindestens einen der beiden Sitze gewinnen, behalten sie die Mehrheit im Senat und können damit Bidens Agenda maßgeblich beeinflussen oder sogar blockieren.

Die Demokraten sollten jedoch nicht darauf hoffen, dass eine republikanische Mehrheit im Senat eine ausreichende Drohkulisse darstellt, um genug eigene Wähler:innen im Januar an die Wahlurne zu treiben. Entsprechend viel Arbeit steht ihnen bevor, um beide Sitze zu gewinnen.