Wahlkarte bei der Vorwahl in Iowa 2020.
200204_Chaos Iowa_by Phil Roeder
Phil Roeder , „ Des Moines Precinct 61 “, CC BY 2.0 .

Chaos in Iowa: Wie die erste Vorwahl die gesamte US-Wahl durcheinander bringt

Dienstagmorgen, 5 Uhr deutscher Zeit: Spätestens jetzt hätten die Ergebnisse der Iowa Caucuses veröffentlicht sein und der Sieger der ersten Vorwahl 2020 feststehen sollen. Allerdings tat sich überhaupt nichts. Stattdessen machte sich sowohl bei den Kampagnen als auch in den sozialen Medien Unsicherheit breit, die schnell in Frust und Spekulationen umschlug. Mittlerweile ist klar, dass eine App zur Ergebnisübermittlung Fehler verursacht und die gesamte Vorwahl in Chaos gestürzt hat – mit schweren Auswirkungen für die gesamte Präsidentschaftswahl.

Auf den ersten Blick wirkt das verzögerte Ergebnis wie eine kuriose Randnotiz. Bei der Vorwahl in Iowa steht aber wesentlich mehr auf dem Spiel als nur die 41 zu gewinnenden Delegierten. Denn hier werden Präsidenten gemacht und Träume begraben. Alleine die Medienaufmerksamkeit, die der siegreiche Kandidat erhält, ist unbezahlbar. Diesmal blieb jedoch sie aus: keine Portraits auf den Titelseiten der Morgenausgaben nationaler Zeitungen, keine Fernsehinterviews und generell verhaltene Berichterstattung. Statt der Kandidaten stand der Caucus im Vordergrund. Für einen Pete Buttigieg, der seine ganze Kampagne auf Iowa konzentriert hat, ist das ein herber Rückschlag. Selbst wenn er im Laufe der nächsten Tage als Sieger oder zweitplatzierter bekanntgegeben werden sollte, ist die vorteilhafte Berichterstattung mittlerweile verschwunden. Außerdem wird diese Vorwahl immer im Schatten dieses Desasters stehen.

Eigentlich kommen mit dem Erfolg auch die Spender: Erfahrungsgemäß wechseln vor allem Großspender nach Iowa zu einem der siegreichen Kandidaten oder entscheidet sich sogar dann erst, wen sie unterstützen. Da auch in den kommenden Tagen kein klares Ergebnis aus Iowa zu erwarten ist und jetzt bereits dessen Validität infrage gestellt wird, dürften vor der nächsten Vorwahl in New Hampshire am 11. Februar keine große Bewegung bei den Spendern zu erwarten sein.

Es gibt auch Gewinner

Von dem Chaos in Iowa profitieren besonders die Kandidaten, die sich auf die späteren Vorwahlstaaten konzentriert haben wie Andrew Yang oder Tom Steyer. Die späteren Staaten gewinnen jetzt nämlich an Bedeutung. Besonders stark profitiert allerdings Michael Bloomberg, der von Beginn an die ersten vier Vorwahlstaaten ignoriert hat und erst zum Super Tuesday am 3. März in die Wahlen einsteigt. Diese Strategie schien bisher Riskant, da sich bis Anfang März bereits ein Favorit aus dem moderaten Lager hätten etablieren können. Somit wäre für Bloomberg kein Platz mehr im Rennen gewesen. Die Ereignisse in Iowa lassen Bloombergs Strategie nun jedoch wesentlich erfolgsversprechender wirken.

Bloomberg macht sich das Durcheinander auch direkt zunutze. So wird der ehemalige Bürgermeister von New York City seine Ausgaben für TV-Werbung verdoppeln und die Anzahl seiner hauptamtlichen Wahlkämpfer in den Vorwahlstaaten auf 2.000 erhöhen. Im Dezember hatte er bereits 188 Millionen US-Dollar für seinen Wahlkampf ausgeben – mehr als Bernie Sanders und Elizabeth Warren zusammen im ganz Jahr 2019.

Das Ende der Caucuses wie wir sie kennen?

Der verpatzte Vorwahlauftakt in Iowa hat schon jetzt die Dynamik der gesamten Präsidentschaftswahl nachhaltig verändert. Aber auch den Status Iowas als erster Vorwahlstaat könnte aufgrund der Ereignisse endgültig verspielt sein. Immer wieder wurde hitzig darüber diskutiert, Iowa zu ersetzen. Der Staat sei nicht mehr repräsentativ für die USA und das Caucus-System nicht mehr zeitgemäß. Trotzdem behielt Iowa immer seine Wichtigkeit – und damit seine Tradition. Dass jetzt eine fehlerhafte App dafür sorgen könnte, dass die Vorwahlen in kommenden Jahren anders organisiert werden, wirkt ein wenig wie Ironie des Schicksals.